Auf Crashkurs mit dem Gesetz? Besser nicht! Das kann teuer werden.
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Wie viel Handy ist erlaubt im Auto? Und wie viele Promille? Darüber kursieren kuriose Fehlurteile. HÖRZU klärt auf! So vermeiden Sie Unfälle, Bußgelder und Strafen.
Etwa alle 13 Sekunden ereignet sich auf Deutschlands Straßen ein Unfall: allein im Jahr 2014 rund 2,4 Millionen Mal. Ursache ist oft falsches Verhalten im Verkehr. Obwohl die meisten Auto- und Radfahrer überzeugt sind, die Vorschriften zu kennen, irren sie sich oft. Über Parkregeln, Promillegrenzen und Helmpflicht kursieren die wildesten Gerüchte.
Stimmt nicht! Schuld hat immer derjenige, der den Unfall verursacht. Zwar ist das in der Regel der Auffahrende – denn oft ist ein zu geringer Sicherheitsabstand oder zu hohe Geschwindigkeit der Auslöser. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch vielfältige Ausnahmen. Je nach Verhalten des Vorausfahrenden trifft diesen eine Teil- oder gar die Alleinschuld – etwa bei einer unerwarteten Vollbremsung ohne zwingenden Grund.
[AG München, Az. 345 C 10019/01]
Falsch! Die Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt vor, dass man während der Fahrt mit dem Rad nicht beide Hände vom Lenker nehmen darf. Einhändig fahren ist aber erlaubt. Wie sollte man auch sonst durch Handzeichen die Fahrtrichtung anzeigen? Es spricht zudem nichts dagegen, in der freien Hand Gegenstände zu transportieren. Von Fahrrädern aus dürfen laut Gesetz sogar Hunde an der Leine geführt werden.
[§ 23 Absatz 3 StVO; § 28 Absatz 1 StVO]
Grundsätzlich ist das zwar korrekt. An Fußgängerüberwegen haben Fahrzeuge
den zu Fuß Gehenden das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. So das Gesetz. Doch es gibt Ausnahmen: Straßenbahnen haben Vorrang. Außerdem ist Vorsicht geboten! Wer automatisch von seinem Vorrecht ausgeht, lebt gefährlich. Denn hier gilt wie bei der Vorfahrtsregel: Ein Vorrecht darf man nicht erzwingen. Das bedeutet: Niemals einfach den Überweg betreten, wenn sich ein Raser nähert! Trotz Vorrecht gilt nämlich eine gegenseitige Verständigungspflicht, etwa Blickkontakt. Im Zweifel heißt es auch am Zebrastreifen: Warten!
[§ 26 Absatz 1 StVO; OLG Hamm, Az. 6 U 39/03]
"Es ist links zu überholen", sagt § 5 Absatz 1 StVO. Darf man also nie rechts an einem Auto vorbeifahren? Doch! Innerorts muss man an Linksabbiegern, die sich eingeordnet haben, sogar rechts vorbeifahren. Und auch auf der Autobahn darf man, wenn der Verkehr links ins Stocken gerät, auf der rechten Spur vorbeiziehen.
[§ 5 Abs. 7 StVO]
Das stimmt nicht! Wenn die Parkuhr oder der Parkscheinautomat defekt ist, darf man zwar kostenlos parken – aber eben nicht unbegrenzt lange. In solchen Fällen gilt: Die angegebene Höchstparkdauer darf nicht überschritten werden. Nicht vergessen: Die Parkscheibe gut sichtbar ins Fenster legen!
[§ 13 Absatz 1 StVO; BGH, Az. 4 StR 636/82]
Davon gehen viele Autofahrer aus – allerdings trifft das nicht zu! Denn: Solange der Motor läuft, ist das Telefonieren mit dem Handy tabu. Erst wenn man den Motor ausschaltet, darf man zum Handy greifen. Einfacher ist die Regelung übrigens bei Autos mit Start-Stopp-Funktion. Das Handyverbot gilt nämlich nicht, wenn der Motor sich beim Halten automatisch abschaltet.
[§ 23 Abs. 1a StVO; OLG Hamm, Az. 1 RBs 1/14]
Hierbei handelt es sich um eine der populärsten Halbwahrheiten. Eine Visitenkarte oder ein Zettel mit der Aufschrift "Bin gleich zurück, im Notfall anrufen" verschont Falschparker nicht vor dem Abschleppdienst. Laut dem Oberverwaltungsgericht Hamburg muss aus der Mitteilung zumindest hervorgehen, wo sich der Fahrer aufhält. Letztendlich kommt es auch hier auf den Einzelfall an: Wenn sofortiges Abschleppen notwendig ist – weil der Falschparker etwa eine Feuerwehrzufahrt blockiert und es brennt –, hilft auch ein Zettel nicht.
[OVG Hamburg, Az. 3 Bf 429/00]
Falsch! Obwohl 0,5 Promille die aktuelle Bußgeldgrenze sind, kann man sich selbst mit einem geringeren Alkoholgehalt im Blut – etwa 0,3 oder 0,4 Promille – strafbar machen. Nämlich dann, wenn man "alkoholbedingte Ausfallerscheinungen" zeigt. Damit ist zum Beispiel das Fahren von Schlangenlinien gemeint. Die Folge dieser sogenannten "relativen Fahruntüchtigkeit" kann sogar ein Führerscheinentzug sein!
[§ 316 StGB; KG Berlin, Az. (3) 1 Ss 192/11 (73/11)]
Nein. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf mit Hupe und Lichthupe die Überholabsicht angekündigt werden. Ankündigen bedeutet aber nur, ein kurzes Signal zu geben. Beispiel: Nähert man sich mit hoher Geschwindigkeit jemandem, der auf einer mehrspurigen Fahrbahn gegen das Rechtsfahrgebot verstößt, also grundlos die linke Spur nutzt, darf man die Lichthupe einsetzen. Eine Nötigung begeht man deshalb keineswegs – es sei denn, man fährt zu dicht auf.
[§ 5 Absatz 5 StVO]
Ein klassischer Irrtum! Ein Zettel mit Personalien genügt nicht. Nach einem Unfall muss der Verursacher laut Strafgesetzbuch eine "angemessene Zeit" am Unfallort bleiben. Die Dauer dieser Wartezeit hängt vom Ausmaß des Unfalls, der Größe des Schadens und dem Unfallort ab. Taucht der Fahrer trotz Wartezeit nicht auf, muss man die Polizei rufen. Sonst macht man sich wegen Fahrerflucht strafbar.
[§ 142 Absatz 1 StGB]
Fahrspuren auf öffentlichen Parkplätzen sind keine Straßen. Das heißt: Hier gilt die Vorfahrtsregel nicht! Vielmehr müssen sich Fahrer durch Handzeichen verständigen.
[LG Bremen, Az. 7 O 485/12]
Schön wär’s! Der Seitenstreifen ist jedoch Pannenfahrzeugen vorbehalten. Nur wenn die Spur durch die Polizei freigegeben wird, darf man sie nutzen. Wer den Standstreifen bei Stau zum schnelleren Vorwärtskommen benutzt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Der Verstoß wird mit einer Geldbuße bis zu 75 Euro sowie einem Punkt in Flensburg geahndet.
[§ 2 Absatz 1 StVO; § 49 Absatz 1 StVO]
In Deutschland gibt es keine Helmpflicht. Beim Unfall hat auch nicht per se der Radler Schuld, der ohne Helm fährt. Dennoch urteilen die Gerichte im Ernstfall unterschiedlich: Es gibt Urteile, in denen Radfahrern weniger Schadensersatz zuerkannt wurde, weil sie ohne Helm unterwegs waren.
[§ 21 a Absatz 2 StVO; OLG Celle, Az. 14 U 113/13]
Vorsicht! Das Straßenverkehrsrecht unterscheidet zwischen Werktagen, Sonntagen und Feiertagen. Nach deutscher Rechtslage ist der Samstag ein Werktag. Parkverbote mit dem Zusatz "werktags" sind auch dann zu beachten.
[OLG Hamm, Az. 2 Ss OWi 127/01]
Bei Parklücken gilt: Wer sie zuerst erreicht, darf parken. Das Blockieren eines Parkplatzes durch einen Fußgänger oder gar durch aufgestellte Gegenstände ist nicht erlaubt.
[§ 12 Absatz 5 StVO; OLG Naumburg, Az. 2 Ss 54/97]
Stimmt nicht! Ein Fahrzeug auf der Autobahn muss mindestens 60 Stundenkilometer fahren können. Das bedeutet aber nicht, dass man auch so schnell fahren muss. Bei schlechten Wetterbedingungen kann es sogar geboten sein, langsamer zu fahren. Allerdings darf man andere dann nicht behindern.
[§ 18 Absatz 1 StVO; § 3 Absatz 2 StVO]
Können sich die Unfallbeteiligten bei kleineren Sachschäden einigen, sind sie nicht verpflichtet, die Polizei zu rufen. Doch Vorsicht: In den meisten Miet-, Leasing- und Finanzierungsverträgen ist die Einschaltung der Polizei zwingend vorgeschrieben! Sind keine anderen Personen involviert, darf man die Unfallstelle verlassen, wenn man keine fremden Gegenstände beschädigt hat. Andernfalls gilt die Wartepflicht – es sei denn, man ist verletzt.
[BGH, Az. 4 StR 259/14]
Irrtum! Verbandskästen besitzen sehr wohl eine Angabe zur Haltbarkeit. Ist sie überschritten, droht ein Bußgeld. Man sollte das Datum deshalb regelmäßig kontrollieren und den Erste-Hilfe-Kasten gegebenenfalls ersetzen.
[§ 35 h Absatz 3 StVZO]
Zuparken ist Selbstjustiz! Das ist nicht erlaubt. Denn: Für Strafen ist allein der Staat zuständig. Doch was tun? Betroffene können den Falschparker anzeigen und ihn abschleppen lassen. Die Kosten vom Halter zurückzufordern gelingt allerdings nicht immer – etwa wenn andere Parkplätze in der Nähe frei waren.
[BGH, Az. V ZR 144/08]
Nein, abstellen darf man ein Fahrzeug dort nicht. Im Gegenteil: Bleibt man im Halteverbot liegen, muss man das Auto entfernen.
[§ 12 StVO; VG Köln, Az. 20 K 2817/10]
Barfuß ist nicht verboten – aber riskant. Wer das trotzdem tut, verstößt nicht gegen die Straßenverkehrsordnung und muss auch kein Bußgeld zahlen. Aber: Kommt es zu einem Unfall, sehen die Gerichte das Fahren ohne Schuhe, mit Flipflops oder Sandalen oft als Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht. Konsequenz: Man muss Strafe zahlen!
[OLG Bamberg, Az. 2 Ss OWi 577/06]
Das Verkehrszeichen "Grünpfeil" ist oben rechts neben einer Ampel angebracht. Das Schild mit dem grünen Pfeil auf schwarzem Grund bedeutet: Sie dürfen bei Rotlicht ausnahmsweise fahren. Aber: Er räumt Rechtsabbiegern kein Vorfahrtsrecht ein. Das heißt: Man muss zunächst immer an der Haltelinie stehen bleiben und sich vergewissern, dass von links keiner kommt. Wer das nicht tut, riskiert ein Bußgeld.
[§ 37 Absatz 2 StVO]
Autor: Mareike Scheffer